Restaurierung Vollverstärker Sony TA-F570ES
In diesem Beitrag möchte ich gerne
auf die unterschiedlichen Stationen einer Restaurierung hinweisen und damit
zeigen, wie aufwendig so was werden kann und mit welchen Schwierigkeiten und
Überraschungen man damit konfrontiert wird (oder auch nicht). Da sich bereits
jetzt schon abzeichnet, dass es sich bei diesem Vorhaben um eine längere
Geschichte handeln könnte, werde ich in mehreren Beiträgen zeitnah über meine
Aktivitäten berichten.
Post 1:
Über verschlungene Pfade habe ich
letzte Woche einen defekten Sony TA-F570ES erhalten. Es handelt sich dabei um
einen sehr hochwertigen Vollverstärker aus Sony´s Edel-Serie „ES“. Obwohl der
Verstärker Anfang der 1990er Jahre hergestellt wurde, weist er ein klassisches
Design-Konzept auf, wie es in den späten 70er und frühen 80er Jahre noch weit
verbreitet war. D.h. weitgehend diskrete Schaltungsarchitektur, übersichtlicher
und servicefreundlicher Aufbau, massive Bauweise und die üblichen
Anschlußmöglichkeiten. Das Gerät wurde von 1991-92 gebaut, ist 12 kg schwer und
leistet 2x80W an 8Ω. Der Neupreis lag bei ca. 700 DM, was damals recht teuer
war, aber angesichts der hervorragenden Verarbeitungsqualität durchaus gerechtfertigt
ist.
Der Vorbesitzer hat mir erklärt,
dass die Lautsprecher Relais des Verstärkers nach längerer Stehzeit nicht mehr
anziehen bzw. durchschalten. Nach einigem Herumprobieren konnte er das Gerät wieder
zum Leben erwecken und ohne ersichtlichen Grund haben die Relais wieder
angezogen. Also war vorerst alles wieder in Ordnung und die Freude groß.
Allerdings nur für kurze Dauer, denn nun gesellt sich eine neue, nicht näher
beschriebene Fehlfunktion dazu, die dazu führte, dass es dem Vorbesitzer nun zu
mühsam wurde alles wieder zu zerlegen, zumal er die Fehlerursache weder
eingrenzen noch finden konnte. Also fand das Gerät den Weg zu mir…
Der Sony TA-F570ES ist wirklich ein Ehrfurcht gebietendes Gerät. Nicht nur durch seine zeitlose Eleganz, sondern vor allem durch sein Gewicht und seine robuste Bauweise. Eine erste Grobsichtung ergab im Wesentlichen folgendes Bild: Die seitlichen Befestigungsschrauben des Gehäusedeckels fehlen, der Innenraum ist stark verstaubt und verschmutzt, in manchen Bereichen sind Spuren von Kontaktspray o.ä. zu finden, die Primärsicherung 4AT ist in Ordnung. Die Platinenunterseite des Main Boards ist von Flußmittel mäßig verharzt aber sonst in gutem Zustand, eine Widerstandmessung des Netzsteckers zeigt bei Power ON keinen Durchgang (..?), die Kapazitäten der original ELNA Siebelkos liegen noch im Toleranzbereich und alle Endstufentransistoren (Sanken 2SA1215 & 2SC2921) befinden sich im Originalzustand und aus der gleichen Charge. Also insgesamt recht ermutigend und nichts vor was man sich fürchten müßte!
Da die erste schnelle
Widerstandsmessung der Primärseite des Trafos über das Netzkabel völlig
unplausible Werte ergab, habe ich die Primärwicklung des Trafos unmittelbar
nach dem Netzschalter gemessen. Und siehe da: Das Ohmmeter zeigt nun eindeutig
10,6 Ω an, was im üblichen Bereich liegt und keinen Grund zur Besorgnis
darstellt. Bei der Gelegenheit habe ich auch noch den Netzschalter und den
Entstörko geprüft: alles in Ordnung! Da der Vorbesitzer das Gerät ja schon
mehrmals in Betrieb genommen hatte und die großen Siebelkos keinen Anomalien
aufweisen, habe ich mich getraut den Verstärker (mit Trenntrafo) in Betrieb zu
nehmen.
Als ich zur Prüfung der Betriebsspannungen meine Meßleitung an den zentralen Massepunkt des Hauptkühlköpers anschließen wollte erschrak ich etwas: Die 3 mm Blechschraube, die die Masse-Öse mit dem Kühlkörper dauerhaft leitend verbinden sollte, drehte sich im Gewindeloch leer durch und konnte somit keine sichere Masseverbindung herstellen. Aber dies werde ich zu einem späteren Zeitpunkt in Ordnung bringen, für eine erste schnelle Spannungsprüfung sollte die Befestigung noch ausreichen. Die Versorgungsspannung des Main Boards war mit ± 53 V im Normalbereich, auch war die symmetrische Ausgangsspannung der Spannungsregelungseinheit mit ± 15 V im grünen Bereich.
Die echte Überraschung kam jedoch bei Messung der Ausgangsspannung (DC-Offset) der Endstufe: An den beiden Emittern der Endstufentransistoren des linken Kanals lagen jeweils 48,9 V an, also fast die volle Betriebsspannung! Das ist natürlich kein gutes Zeichen und alle Alarmglocken fingen an zu schrillen! So ein Verhalten kann heißen, dass ein Endstufentransistor Durchgang hat und somit defekt ist oder aber er wird durch die vorgelagerte Treiberstufe voll ausgesteuert. Das wiederum würde heißen, dass die Fehlerursache bei den Treibern zu suchen ist. Die Messung der Treiberstufe zeigt das gleiche Bild: Praktisch alle Anschlüsse des Treibertransistors zeigen Spannungen über +47 V, was ebenfalls alles andere als in Ordnung ist! Also habe ich die Treiber samt Bias-Stufe ausgebaut und meßtechnisch untersucht, mit dem Ergebnis, dass die Treibertransistoren und der Bias-Transistor in Ordnung sind. Da ich aber leider keinen Kennlinienschreiber habe, muß das nicht heißen, dass alle Transistoren vollständig ok sind. Die Transistoren können sich im Kleinsignalbereich normal verhalten, während sie bei größeren Strömen nicht mehr richtig funktionieren. Ich gehe also vorerst davon aus, dass die Transistoren ok sind und der Fehler im vorgelagerten Line-Verstärker liegt. Die Messung der Ausgangsspannung des Line-Verstärkers zeigt, dass hier +48,8 V anliegen! Das wiederum kann natürlich mehrere Ursachen haben: Es kann die Ausgangsstufe des Line-Verstärkers defekt sein oder auch der vorgelagerte Differenzverstärker samt Stromspiegel. Da all diese Baugruppen auf einem einzigen PCB liegen, baue ich dieses aus. Der Line-Verstärker ist je Kanal mit insgesamt neun Transistoren aufgebaut, die allesamt nur sehr schwer oder gar nicht mehr erhältlich sind. Meine Vermutung liegt jedoch bei einem Transistor in der letzten Stufe, an dem planmäßig eine recht hohe Kollektor-Emitter-Spannung von 50(!) V abfällt. Solche Kleinsignaltransistoren sind grundsätzlich eher selten und schwer zu bekommen. Bekommt man sie überhaupt noch als Original-Typ, kann man sich nie sicher sein, dass es keine „China-Fälschungen“ sind. Also suche ich als letzten Schritt in dieser Episode nach geeigneten Ersatztransistoren, was sich nicht so einfach gestaltet wie es klingen mag. Angebote aus ebay, aliexpress und anderen dubiosen Quellen schließe ich aus. Das Risiko ist mir zu hoch. Original-Transistoren konnte ich nicht finden, also habe ich nach Ersatztypen Ausschau gehalten und einige davon bei Mouser bestellt.
Da auch die ± 15 V Spannungsregelung auf dem Line-Verstärker Board untergebracht ist, habe ich eine interessante Entdeckung gemacht, die leider öfter vorkommt als man glauben mag. Laut Schaltplan sind dem positiven Spannungsregler IC vier Vorwiderstände zu je 1 kΩ vorgeschaltet, welche als Strombegrenzer arbeiten um die Verlustleitung des ICs klein zu halten. Weiters ist noch ein 2,4 kΩ Widerstand vom Eingang des ICs gegen Masse geschalten, also insgesamt fünf Vorwiderstände (der negative Spg.regler ist gleich aufgebaut). Im Printlayout sind insgesamt jedoch nur vier Widerstände verbaut, wobei einer davon den Wert 390 Ω aufweist, für einen fünften Widerstand ist gar kein Platz vorgesehen. Also hat der Print-Layouter kurzerhand beschlossen, zwei 1 kΩ Widerstände durch einen 390 Ω Widerstand zu ersetzten. Im gegenständlichen Fall mag das möglich sein und funktionieren, in anderen Fällen kann das ernstere Konsequenzen haben. Da die Vorwiderstände allesamt deutliche Zeichen von Überhitzung aufweisen, werde ich sie gegen neue Widerstände mit höherer Leistung ersetzen und evt. auch den ICs kleine Kühlkörper verpassen.
Im Zuge der Spannungsprüfung habe ich die Treibertransistoren ausgebaut und den Verstärker zu Testzwecken mehrmals ein- und ausschalten müssen. Dabei konnte ich wahrnehmen, dass die LS-Relais nach jedem Einschalten mit Verzögerung anziehen. Dies ist als sehr gutes Zeichen zu werten, da es bedeutet, dass der Relay Driver funktioniert. Vorausgesetzt der Protection Circuit funktioniert, kann auch angenommen werden, dass keine Gleichspannung am Ausgang der Endstufe mehr anliegt. Bei näherer Betrachtung der LS-Relais fiel mir auf, dass diese bereits durch den Vorbesitzer erneuert und gegen Ersatz-Typen getauscht wurden. So, nun heißt es abwarten und Tee trinken, während ich auf die Lieferung der Ersatz-Transistoren warte…
Fortsetzung folgt!
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